Sind zwei schon eine Serie?
Ob ein Ereignis, das nun zum zweiten Mal stattfindet, schon eine „Serie“ oder gar „Tradition“ genannt werden kann, das sei einmal dahingestellt. Was man aber durchaus, festhalten kann, ist, dass die Premiere im letzten Jahr wohl ein Erfolg war. Dieses Jahr heißt die Schau “In order of appearance”.
Es geht um eine Ausstellung im K21. Die Düsseldorfer Kunstakademie zeigt ihren Abschlussjahrgang aus dem Vorjahr. Jetzt sind es also die Absolventinnen und Absolventen von 2019, die ihre Arbeiten etwa einen Monat lang im Untergeschoß des K21 zeigen. Etwa 80 Künstlerinnen und Künstler präsentieren mit Arbeiten aus so ziemlich sämtlichen Genres ihre jeweilige Position. Von Malerei, Zeichnung, Graphik oder Fotographie und Film über Skulptur bis hin zur Performance und Installation. Und das gleich in einem Museum.
Die Kunstakademie stellt sich vor
Gestartet hat die Ausstellung “In order of appearance” zeitgleich mit dem alljährlichen Rundgang der Kunstakademie. Und so öffnet die Kunstakademie gleich an zwei bedeutsamen Kunstorten ihre Tür für das kunstinteressierte Publikum. Der Kontext ist spannend, auch im direkten Vergleich. Werden in der Akademie studentische Arbeiten gewissermaßen in der Werkstatt gezeigt, bietet die Schau im Museum eine erste große Chance, losgelöst von diesem akademischen Hintergrund zu bestehen.
Der alljährliche Rundgang der Düsseldorfer Kunstakademie ist tatsächlich schon eine lange und hochgeschätzte Tradition. Und sicher für viele Kunstbegeisterte ein Pflichttermin im Kalender, nicht nur für solche aus Düsseldorf. Die Megaschau der Studierenden und Absolventen sorgt jedes Jahr für „volles Haus“, teils mit langen Schlangen vor dem Eingang. Und zeitweiligem „Besucherstopp“ wegen Überfüllung. Wohl ebenso wegen Überfüllung ist die kontemplative Betrachtung ist kaum möglich. Aber darum geht es vielleicht auch nicht bei diesem Rundgang, der eine Art Rundumschlag ist, was sich in den Klassenzimmern so tut.
„In order of appearance“
Die Museumsschau im K21 ist deutlich ruhiger. Und sehr entspannt präsentiert. „In order of appearance“, „In der Reihenfolge ihres Auftritts“ ist eigentlich eine Formulierung, wie man sie im Abspann von Filmen findet. Nicht nach Bedeutung, etwa in Haupt- und Nebenrolle, nicht alphabetisch, sondern einfach in der Reihenfolge ihres Auftretens. Tatsächlich wurden alle Absolventinnen und Absolventen von 2019 eingeladen, sich in dieser Ausstellung vorzustellen.
Kommentiert wird dieses Projekt höchst unterschiedlich. Kritiker bemäkeln hier und da, man solle doch für derart neue Kunst nicht gleich die Museumstüren aufmachen. Die Verantwortlichen im K21 sehen das ganz gelassen, fühlen sich nicht allein der benachbarten Kunstakademie verbunden, sondern wollen dezidiert das Ganz Neue in vielerlei Facetten zeigen. Es geht doch gar nicht darum, diese ganz neuen Arbeiten mit höheren musealen Weihen auszustatten, sondern einfach erst einmal gleichberechtigt zuzulassen. Was davon nachhaltig zu einer starken Position wird, zeigt irgendwann die Zukunft. Und die Besucherinnen und Besucher der Schau haben das große Vergnügen, „aus dem Vollen zu schöpfen“, zu entdecken, zu erkunden, und tatsächlich einmal ohne Kunstführer in der Hand und ganz auf sich gestellt herauszufinden, ob eine Arbeit sie berührt, und warum. Das ist sehr entlastend und macht viel Spaß.
Und das Ergebnis?
„In order of appearance“ präsentiert sich ohne Hierarchien und höchst unterschiedlich, über sämtliche Genres. 77 Künstlerinnen und Künstler mit an die hundert Arbeiten sind dabei. Von „zugänglich“ bis äußerst kryptisch. Spielerisch, kritisch, poetisch. Opulent oder ganz reduziert. Da gibt es ganz klassische Malerei, Fotografie oder Skulptur, auch Radierung und Prägedruck. Illusionistische Wandmalerei, wie etwa „The Corner“. Eine graue, sorgsam vom Hellen ins Dunkle abschattierte Ecke, die von Lisa Klinger ganz fein und akribisch mit Bleistift gezeichnet worden ist.
Aber auch einen Warenautomaten, an dem man sich für „kleines Geld“ eine neue Identität zulegen kann. „ID Supermarket“ (2019) Yiy Zhang hat diese Maschine entwickelt, und ihr eigenes Portraitfoto in die verschiedensten Pässe gesetzt. Ganz traditionelle Themen wie die „Pietá“ in ganz unerwartetem Gewand, von Marina Bochert. Viele augenfällige Installationen, wie zum Beispiel einen ganzen Stapel mit Luftmatratzen. Marco Biermann und Thomas Kleiner sind damit durch den Rhein gepaddelt. Eindrücke dieser unvermutet höchst aufwendigen Expedition sind in Form von Videos als Deckenprojektion zu sehen, wenn man von dem Matratzenstapel nach oben guckt. Klassische Rheinromantik, so meint man, aber durchaus mit einer gefahrvollen Note. Ein spielerisches Experiment und gleichzeitig die Erprobung von Grenzen machen daraus eine Begegnung, die den vertrauten Fluss einmal ganz anders erleben lässt.
„In order of appearance“ bietet eine Vielzahl von anregenden Eindrücken. Der sehr entspannte Kunst Spaziergang ist noch bis zum 08.03.2020 zu sehen. Und für diejenigen, die gern „mit Netz und doppeltem Boden“ von Kunstgeschichte und Kulturwissenschaft unterwegs sind, für die gibt es auch das Angebot einer Führung durch die Kuratorinnen. Viel Vergnügen!