Alles auf Null?
In unserem Blog schreiben wir über Nachhaltigkeit, Kunst und Kultur. Wir weisen auf interessante Veranstaltungen hin. Die Peter Lindbergh Ausstellung oder „Verrückt nach Angelika Kauffmann“ im Kunstpalast. „I’m not a nice girl“ im K21. Konnte ich mir noch anschauen. Davon hätte ich hier gern erzählt. Das Museum Insel Hombroich, das gerade, wenn die Tage wieder länger und sonniger werden, ein ganz besonderer Ausstellungsort ist. Alles geschlossen. Oder der Düsseldorfer Japan Tag. Abgesagt. Das Neusser Shakespeare Festival. Unklar, der Kartenvorverkauf ist vorsorglich erst mal in den April verschoben. Prognose: vermutlich wird es wohl so nicht stattfinden können. Es ist alles Kunst ohne Betrachter.
Die Zeitungen und auch das Internet sind derzeit voll von Berichten über ausgefallene Veranstaltungen. Ausstellungen, Lesungen, Theaterpremieren, Konzerte, Vernissagen. Was soll man über Dinge schreiben, die derzeit einfach nicht stattfinden. Die gestrichen sind oder in irgendeine Zukunft verschoben sind? Kann man denn über solche Themen schreiben, ohne irgendwann zu lamentieren, zu bedauern, (sich selbst) zu bemitleiden, gar zu resignieren? In jedem Fall schriebe man doch irgendwie über „Des Kaisers neue Kleider“. Aber der ist doch bekanntermaßen nackt, wie ein Kind feststellt, das sich den Festumzug anschaut.
Warum ich jetzt trotzdem diesen Artikel schreibe?
Eben, weil es bei uns im Hotel Villa Meererbusch eine solche Ausstellung ohne Betrachter gibt. „Farbenmeer“ von Birgit Leßmann. Im Dezember haben wir eröffnet. Mit einer schönen Vernissage, mit Live Musik und vielen begeisterten Gästen. Seitdem haben viele Menschen diese Werkschau gesehen. Bis dann irgendwann Corona dazwischen kam. Mit den ersten Stornierungen. Zunächst von unseren asiatischen Gästen, dann nach und nach auch allen anderen. Mit dem Wegfall aller Messen und Geschäftsreisen. Mit Reisebeschränkungen und umfangreichen Kontaktverboten. Und jetzt? Keine Gäste. Keine Kunstbetrachter. Außer uns. Und wir freuen uns sehr darüber, dass nicht auch die Wände leer sind. Jeden Tag. Gerade in diesen seltsamen Zeiten.
„KUNST IM HOTEL“. Warum wir Kunst im Hotel Villa Meererbusch zeigen?
Ganz einfach, weil es uns ein grundlegendes Anliegen ist. Für uns gehört Kunst sehr selbstverständlich und ohne jede Frage zum Leben dazu. Über diese schlichte Notwendigkeit müssen wir gar nicht diskutieren. Unverzichtbar. Gleich zweimal im Jahr bieten wir Künstlerinnen und Künstlern die Gelegenheit, für jeweils etwa sechs Monate ihre Kunst bei uns im Haus zu zeigen.
Unser Projekt „KUNST IM HOTEL“ haben wir gleich zu Beginn bei uns eingerichtet, als wir das Haus im Juni 2009 übernommen haben. Inzwischen ist es ein gut etabliertes Konzept mit reichlich Tradition. Gut zwanzig Kunstschaffende aus den unterschiedlichsten Sparten hatten wir inzwischen bei uns zu Gast. Malerei und Zeichnung, Graphik, Photographie und Skulptur. Materialcollage, Graffiti und Street Art. Und für uns und unsere Gäste ist der Bilderwechsel immer wieder auf’s Neue eine spannende Erfahrung. Denn mit jeder neuen Ausstellung verwandelt sich das Haus, wird fühlbar „ein anderes“. Und es dauert auch immer ein bisschen, bis die neue Kunst tatsächlich eingezogen ist und der ungewohnte neue Anblick vertraut geworden ist
„KUNST IM HOTEL“ ist nicht kommerziell, sondern ein ganz einfacher Tauschhandel. Die Künstler haben die Kunst, und wir haben viele Wände. Eine gute Gelegenheit, außerhalb des Ateliers Werke in einer besonderen Wohnumgebung zu präsentieren. Wir freuen uns über originale Arbeiten im Haus, und spendieren, als Dank an die Künstlerin oder den Künstler, Getränke und Service für eine Vernissage. Wir nehmen keinerlei Provision. Darauf weisen wir ausdrücklich hin. Wenn ein Gast Interesse an einer Arbeit hat, freut uns das sehr für die Künstlerinnen und Künstler, und wir vermitteln gern den direkten Kontakt. Unser Ausstellungskalender ist gut gefüllt. Bis Ende 2021. Denn wir haben nur zwei Plätze im Jahr.
Und aktuell? Das „Farbenmeer“ von Birgit Leßmann
Birgit Leßmanns Arbeiten habe ich hier schon vorgestellt. Über meinen Atelierbesuch bei ihr im „Atrium 39“, das sie mit ihrem Mann und „Chapeau Bas“ betreibt, habe ich schon geschrieben. Ihre Arbeiten leben von einem sehr präzisen Blick für Farben und Komposition. Sie sind sehr vielfältig, in Aufbau, Struktur und Format. Farbfelder und Linien, meist ohne jede Perspektive. Figuratives bleibt, wenn überhaupt als solches erkennbar, weitgehend schemenhaft und reduziert. Oft gibt es vereinzelt eingestreute Collage Teile, Textausschnitte einer Zeitung. Hier und da vereinzelte Chiffren, Buchstaben oder Linien, die wie flüchtig dahin gekritzelte Schriftzeichen oder eine nachlässige Handschrift wirken.
Manches ist wie ein kleines Rätsel oder eine Art Spurensuche, spannend, assoziativ. Bisweilen gar meditativ. Wie etwa die farbkräftigen Engel. Eine kleine Reihe, die fast ein wenig für sich steht. Kleine Bilder von hohen, schmalen, stark abstrahierten Figuren mit riesigen Flügeln, die ihren Bildraum fast sprengen. So sehr sind sie da. Ganz anders als die großformatigeren flächig angelegten Farbfelder, die ihre Kontur durch ein paar Striche und Linien erhalten. Oder eine hohe Gestalt, eine menschliche Kontur, einen Umriss. Allein oder zu mehreren. Und immer ein Angebot an die Betrachterin oder den Betrachter, sich eben selbst einen Reim darauf zu machen, was er oder sie im Bild entdeckt.
Kunst ohne Betrachter
Und jetzt? Haben wir Birgit Leßmanns „Farbenmeer“ für uns allein. Ohne unsere Gäste. Das muss sich ganz dringend wieder ändern. Irgendwann werden alle wieder reisen können. Vielleicht steht dann auch bei Ihnen eine Reise Richtung Düsseldorf an. Und sie kommen zu uns. Wir würden uns freuen.
Vor ein paar Tagen haben Birgit Leßmann und ich länger miteinander telefoniert. Auch über Kunst ohne Betrachter. Eigentlich stünde jetzt im April der „Künstlerwechsel“ an. Thomas Heinlein aus Hamburg. „Fliessende Malerei“. Wir freuen uns auf ihn, aber derzeit kann niemand sagen, was wann passiert. Alles unwägbar. Aber Birgit Leßmanns Bilder sind hier.
Was macht eigentlich Kunst, wenn sie nicht betrachtet wird? Eine fast schon philosophische Frage. Zumindest ein Gedankenexperiment, ein bisschen wie Schrödingers Katze. Die, in einer Kiste eingesperrt, gleichzeitig tot und lebendig sein kann. Und dieser unbestimmte Zustand hält so lange an, bis der Experimentator diesen „Katzenzustand“ untersucht und feststellt, ob sie tot oder lebendig ist. Ziemlich kompliziert und verzwickt? Ja, ist eben Quantenphysik. Und ein Paradoxon. Wie aus dem Lehrbuch.
Kunst ohne Betrachter. Für uns Grund genug, jetzt dieses kleine Video zu zeigen. Birgit Leßmann und ihr Mann Gerhard haben es gemacht. Mit vielen Impressionen von Birgit Leßmanns Arbeiten, und von der schönen Vernissage. Da gab es übrigens gegen Abend auch eine kleine, beeindruckende Glow und LED Show, die extra zur Vernissage komponiert worden war. Viel Licht und leuchtende Farben. Was man dazu wissen muss? Birgit Leßmann ist eine höchst vielseitige Person. Sie arbeitet als Künstlerin. Und sie macht Feuershows und Stelzenakrobatik. Und die Kostüme für die Show Acts. „Chapeau Bas“ heißt die Krefelder Künstler- und Akrobatikgruppe ihres Mannes, Gerhard Leßmann. Sie versprechen: „Es ist magisch.“ Und das stimmt.
Viel Vergnügen!
Viele Grüße aus dem Meererbusch
Michaela
Hotel Villa Meererbusch
Nachhaltig übernachten bei Düsseldorf