Nicht nur ein Museum, sondern mehrere. Mit Künstlern gleich dazu.
Der Kulturraum Hombroich umfasst neben dem Museum Insel Hombroich die Raketenstation Hombroich und das Kirkeby-Feld. Für die ehemalige NATO-Raketenstation bei Neuss reicht die knappe Beschreibung „Museumsgelände“ nicht aus. Denn an diesem besonderen Kulturort gehen Natur und Kunst eine einzigartige Verbindung ein. Die Anlage präsentiert hochkarätige Ausstellungen zeitgenössischer Kunst verschiedener Gattungen, von Fotografie über Malerei und Zeichnung oder Graphik bis zur Architektur und Bildhauerei. Die Gebäude selbst, entworfen von Erwin Heerich, sind gleichsam selbst begehbare Skulpturen. Die Kunst, die sie beherbergen, reicht von Schwitters und Arp über Yves Klein, zeigt Matisse und Cézanne, aber auch archäologische Artefakte aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien. Darüber hinaus bietet die Institution Künstlern, Schriftstellern, Musikern oder Philosophen als „artists in residence“ einen Lebens- und Arbeitsraum in der Natur.
Die nahtlose Verschmelzung von Natur und Kultur
Die experimentelle Architektur fügt sich organisch in die Natur einer Parklandschaft ein, die ganz urtümlich und unbeladen wirkt, die aber selbst tatsächlich auch ein in hohem Maße gestaltetes Gartenkunstwerk ist. Der „Grundstein“ ist tatsächlich der verwilderte Park zu einem Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert. Ein Landschaftskonzept, das erkennbar bleibt, aber seit den 80er Jahren sorgfältig weiterentwickelt wird, aber genauso Raum für „Hinzugezogenes“, Pflanzen und Tiere bietet, die sich quasi selbst angesiedelt haben.
Die Anlage definiert sich als experimentelle, offene und wandelbare Struktur. Sie ist dabei aber nicht beschränkt auf den – quasi flüchtigen – Augenblick, sondern vielmehr auch verknüpft mit der Rolle eines Bewahrers. Mit einer umfangreichen Dokumentation und einem stets wachsenden Archiv. Der Museumsgründer und Stifter Karl-Heinrich Müller (1936 – 2007) formuliert seinen Anspruch folgendermaßen: „Für mich ist Hombroich nicht allein der Bau eines Museums, sondern der Versuch, eine neue Lebensform zu finden, mit allen Gedanken und Dingen, die man bisher fast als verrufen in der Gesellschaft sehen könnte.“
„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“
Der viel zitierte Satz, der Karl Valentin zugeschrieben wird, trifft auch den Besuch der Insel Hombroich zu. Tatsächlich ist ein Kunstrundgang auf der Museumsinsel Hombroich und der Raketen-Station mit der Langen-Foundation leicht, spielerisch und ein Vergnügen. Die Kombination aus Landschaft, Architektur und Kunst ist ein Genuß, nicht nur bei sommerlichem Wetter. Tageslicht ist übrigens ein unverzichtbares Element, nicht nur für die „Inszenierung“ von Kunst in unterschiedlichen Lichtverhältnissen. Denn es gibt zwar große Fenster, aber keine künstliche Beleuchtung im Raum.
Der Anspruch an denjenigen, der sich in dieser besonderen Umgebung bewegt, ist ungewohnt hoch. Denn es gibt keine Hinweisschilder, keine Erläuterungen und Beschreibungen (allerdings sehr gute Führungen). Die Anlage gibt im Wortsinn nichts vor, vermeidet jede Wertung, jeden Eingriff in das individuelle Erleben. Der Mensch steht hier, so wirkt es auf mich, mal nicht im Mittelpunkt, sondern ist gleichrangig einfach „mit dabei“ und aufgefordert, sich ein- und zurecht zu finden. Hombroich vertraut darauf, dass die Besucher sich dem Ort angemessen (nämlich als Gast!) verhalten, und diese Freiheit als Verantwortung, auch für die Museumslandschaft, wahrnehmen. Hombroich läßt sich nicht „schnell mal erledigen“ und quasi mit Museumskatalog und Textmarker „abhaken“, sondern bedarf Zeit. Und die Bereitschaft, sich tatsächlich unvoreingenommen einzulassen. Das ist auf eigentümliche Weise unerwartet, und bisweilen sogar ganz und gar nicht bequem. Aber wer will das schon. Machen Sie sich mal die Mühe. Es lohnt sich!
Aktuell: Ab 09.09.2018 Einzelausstellung Remo Salvadors