Susanne A. Schalz „SkulptRuhr“. Ein Förderturm kommt in Bewegung
Wir sitzen bei Susanne A. Schalz im sonnenhellen Atrium des „Magazin Gladbeck“, mit Blick auf all‘ die Bilder und trinken heißen Tee. Dazu gibt es feine Plätzchen aus der Schweiz. Aus der Schweiz, so wie die vielen neuen Farben, die sie gerade gekauft hat. Für ihr aktuelles Konzept: „SkulptRuhr“. Skulptur und Ruhr.
„Das sind Lascaux Farben. Das sind die besten. Ganz kraftvoll und farbintensiv. Guck mal, dieses tolle Rot.“ Susanne A. Schalz freut sich sehr. Denn vor ihr auf dem Tisch stehen ganz viele Flaschen mit neuen Farben. Kraftvoll, intensiv, hochpigmentiert und in hohem Maße lichtecht. Wetterfest. Und das ist besonders wichtig für Susanne A. Schalz. Denn jetzt geht es mit der Kunst nach draußen. Es ist wieder Zeit für etwas Neues. Alles steht schon bereit.
Für das neue Konzept hat Susanne A. Schalz mal die Leinwand verlassen. Es wird jetzt dreidimensional. Aber natürlich bleibt es farbintensiv. Denn Susanne A. Schalz bemalt Skulpturen, deren Form sie eigens dafür neu entwickelt hat.
Ganz am Anfang dieser Idee stand tatsächlich irgendwann mal der „Buddy Bear“. Ursprünglich für die Stadt Berlin, hatten die beiden Künstler Eva und Klaus Herlitz in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Künstler und Bildhauer Roman Strobl eine Reihe von Bären Figuren entworfen, die im Anschluss von zahlreichen Künstlern, nicht nur in Berlin, sondern auch international, individuell gestaltet wurden. Der Bär zog in die Welt und wurde zu einem Wahrzeichen und Wiedererkennungsmotiv für eine Stadt. Was also für eine Stadt geht, muss doch für eine ganze Region, noch dazu eine Region mit ganz markantem Profil, genauso möglich sein.
Kein Bär für’s Ruhrgebiet. Sondern ein „Doppelbock“ (nein, das ist kein Tier!).
Und was ist wohl typischer für das Ruhrrevier als die Kohle, was könnte da näher liegen als ein Förderturm. Das Motiv lag für Susanne A. Schalz also zum Greifen nah, quasi um die Haustür. Ein sogenannter „Doppelbock“ musste es werden. Tatsächlich ist der „Doppelbock“ ein echter Klassiker der Bergbau Architektur. Für die jeweiligen Zechen und Gemeinden sind die markanten hohen Türme inzwischen Denkmal und Wahrzeichen.
Jetzt, nach gut zwei Jahren Entwicklung stehen die „Rohlinge“ für die Skulpturen bei Susanne A. Schalz im Atelier, und warten darauf, gestaltet zu werden. Noch sorgsam eingehüllt in Luftpolster Folie, eine Figur ist bereits ausgepackt, und schon fast fertig grundiert. Große Skulpturen aus glasfaserverstärktem Kunststoff, einem stabilen Material, aus dem auch Boote sind. Diese Grundform hat Susanne A. Schalz selbst entworfen. Tatsächlich mit einem Schnittmuster. Susanne A. Schalz kann übrigens auch schneidern, und zwar vom Fach. Denn eine klassische Schneiderlehre war die handwerkliche Vorbereitung für ihr Designstudium. Dieses Schnittmuster in Originalgröße war dann auch die Grundlage für den Modellbauer, der es dann in diese markante große Form umgewandelt hat, die jetzt gleich mehrfach vor uns steht.
Ein stilisierter Förderturm
Wie ein großes „A“ mit einem zweiten langen Querbalken, an der Spitze. Susanne A. Schalz arbeitet schon länger an dem Konzept ihrer „SkulptRuhr“. Im Verlauf ihrer Entwicklungsarbeit hatte sie noch die Sorge, dass ihre doch abstrahierte Form für den Betrachter gar nicht mehr so eindeutig und vertraut ist, wie ihr. „Kann den jeder sofort erkennen? Manchmal ist man da irgendwie zu tief drin. Da fehlt dann ein bisschen die Außensicht.“
Aber diese Sorge ist unbegründet, insbesondere dann, wenn die Betrachter einer fertig bemalten „SkulptRuhr“ gegenüberstehen. „Das ist ja ein Förderturm.“ Susanne A. Schalz ist ganz erleichtert, als sie kurz vor der offiziellen Enthüllung ihrer ersten „SkulptRuhr“ für die Stadt Gladbeck diesen Kommentar hört. Nicht vom Bürgermeister, sondern dem Hausmeister, der beim Aufbau für den Festakt hilft. Nicht allein für die Menschen im Ruhrgebiet, für die Fördertürme ein vertrauter Anblick in der Landschaft sind, ist die Form sofort klar. Alles auf dem richtigen Weg.
Eine hohe schlanke Form auf zwei stabilen „Beinen“, mit einem Querbalken, der sich allerdings bei Susanne A. Schalz auf der einen Seite nach oben reckt, fast so, als würde diese Form tanzen, sich zumindest kräftig in die Luft strecken. Bei ihr hat der Förderturm sehr viel Eigendynamik, ist nicht mehr nur trutzig und stämmig, sondern dynamisch, kraftvoll und in Bewegung. Als „Rohling“, der noch bemalt werden muss, ist die Form grau und groß. Ganze 2,20 Meter an der höchsten Stelle, und 1,70 breit am hohen Querbalken, gar nicht mal so leicht (gute sechzig Kilo bringt so eine Form in die Waage) und eben wetterfest.
„SkulptRuhr“. Die erste steht schon. In Gladbeck, wo sonst?
Und natürlich werden die SkulptRuhr Skulpturen äußerst farbkräftig, so wie die Revier Malerei von Susanne A. Schalz. Eine erste große „SkulptRuhr“ hat tatsächlich die Stadt Gladbeck in Auftrag gegeben. Zum Neujahrsempfang der Stadt Gladbeck wurde diese erste „SkulptRuhr“ gerade erst im Januar enthüllt: imposant, bunt, fröhlich, mit einer Fülle von Motiven aus Gladbeck. Da sind natürlich Rathaus und Stadtwappen, Stadion und Schloss, aber auch die Musikschule und die städtische Galerie. Geschichte und Gegenwart. Das ist Susanne A. Schalz wichtig. Das Ruhrgebiet ist für sie nicht nur die große Kohlevergangenheit, und schon gar nicht die Wehmut über „längst vergangene Zeiten“.
Susanne A. Schalz hat die Tradition durchaus im Blick, und hat Respekt vor dieser Industrievergangenheit. Viel interessanter und gewichtiger sind aber für sie vielmehr die Gegenwart und vor allem die Zukunft des Ruhrgebiets. Es geht ihr um die Freude an der kreativen Energie, die diese Region heute hat. Für morgen. Nicht für gestern. Und um das Selbstbewusstsein, mit dem sich das Ruhrgebiet präsentieren kann. Jenseits von Kohlestaub und Kumpel Nostalgie. Mit sehr viel kreativer Energie. Auch ihr „Magazin Gladbeck“ hat Susanne A. Schalz mit in ihre erst „SkulptRuhr“ für die Stadt Gladbeck aufgenommen. Denn dieser Ort gehört ebenso zum Leben der Stadt wie all‘ die anderen Orte, an denen Menschen leben und arbeiten, aktiv ihr Leben gestalten. Und diese erste große „SkulptRuhr“ soll nicht die einzige bleiben, sondern – ganz im Gegenteil – für viele Ruhrgebiets Orte stehen können. Als „Rohling“ und Grundform für viele bunte Ruhrgebietsfacetten, figurativ oder eben auch abstrakt.
„SkulptRuhr. Fördert Metropole.“
Die „SkulptRuhr(en)“ sollen keinesfalls die Reviervergangenheit „konservieren“, sondern – ganz im Gegenteil – Ausdruck einer höchst lebendigen, dynamischen Gegenwart sein. Und Botschafter aus dem Revier. Vielleicht so, wie seinerzeit der Buddy Bear für Berlin. Nämlich am besten in die ganze Welt. So, wie umgekehrt auch immer Menschen von überall her in das Ruhrgebiet gekommen sind. „SkulptRuhr“ eben. „Fördert Metropole“, heißt es im Untertitel. Und genau das ist das Ziel. Das Ruhrgebiet ist nicht Berlin, aber mit Sicherheit mit dem Zeug zur Metropolregion. Berlin sei „arm, aber sexy“, so hatte der damalige Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit es für seine Stadt 2003 formuliert. Ob und wie das nun zutreffend oder stimmig war, ist inzwischen vielfach diskutiert. Nicht nur dieser Satz ging um die Welt. Fest steht, die Stadt ist in Bewegung, und hat seither viele Menschen angezogen. Und das Ruhrgebiet macht sich gerade auf den Weg. Eben nach der Kohle. Als ganze Region. Denn jetzt ist an der Zeit für etwas Neues.
Jetzt, gerade in diesem Augenblick, sind neue „SkulptRuhr“ Figuren in Arbeit. Präsentieren will Susanne A. Schalz ihr „SkulptRuhr“ Projekt im März. „Springtime 2019 im Magazin Gladbeck.“ Der Frühling bei Susanne A. Schalz wird bunt. Und leuchtet.
Susanne A. Schalz. Springtime 2019 im MAGAZIN Gladbeck. Präsentation der SkulptRuhr am Sonntag 24. März 2019. Empfang ab 16.00 Uhr.